Bei Datenschutzverstößen drohen Firmen Bußgelder. Allerdings können sie auch Schadenersatzansprüche des Betroffenen auslösen. Letztere drohen nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) künftig schon bei absoluten Bagatellen. Konkret ging es um eine einzelne (!) möglicherweise unzulässige Werbemail an die berufliche Mailadresse eines Anwalts. Er mahnte den Absender ab und verlangte mindestens 500 Euro Schadenersatz.

Das ist nach europäischem Datenschutzrecht nicht ausgeschlossen, da der Begriff Schaden nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) weit auszulegen ist.

Nach dem Amtsgericht bekommt man aber nicht nach einer Mail Schmerzensgeld, was die BVerfG für verfassungswidrig hält. Der Fall hätte dem EuGH vorgelegt werden müssen, welcher entscheidet ob und wie viel Schadensersatz für eine unzulässige Werbemail gezahlt werden muss.

Die Entscheidung des Amtsgerichts zeigt, dass Bagatellen den Richter nicht scheren. Sollten die Gerichte sich mit solchen Fragen weiterhin befassen müssen, müssen diese sich ausbauen um die Anzahl der Anfragen bewältigen zu können. Auch müssen sie sich fragen, woran sie vernünftig zweifeln müssen, da die Entscheidung weit über das Datenschutzrecht hinaus geht. Provozierte Schadenersatzansprüche sind ein massives Problem. Jemand abonniert einen Newsletter und verlangt Auskunft über die beim Abonnement gespeicherten Daten und deren Löschung. Firmen erteilen hier oft falsch Auskunft oder löschen Daten vorschnell. In der Folge meldet sich ein Anwalt und verlangt Schadensersatz.

Die Entscheidung des BVerfG verschärft das Problem erheblich, denn eine möglicherweise unzulässige Werbemail provoziert jeder, der mündlich um Informationszusendung per Mail bittet, ohne das dem Absender schriftlich zu geben.

Datenschutzfehler bei Firmen zu provozieren, um sich daran zu bereichern, ist nicht verboten. Unternehmen müssen bei datenschutzrechtlichen Pflichten sensibel sein. Man kann sich nur von Verschulden freisprechen, wenn man in keinerlei Hinsicht für den Schaden verantwortlich ist. Das wird in der Praxis selten gelingen.

Datenschutzverstöße können nun unabhängig von Bußgeldern flächendeckend zum Problem für die Wirtschaft werden. Der Gesetzgeber sollte hier gegensteuern. Die Höhe der Anwaltsgebühren für derartige Verfahren so zu deckeln, dass sie nicht lukrativ sind, ist ein Weg, den die DS-GVO nicht verbaut.